Gutachten, wie sie sein müssen

Die Fragestellungen und Zusammenhänge, in denen unser psychologischer Sachverstand zur Entscheidungsfindung und Unterstützung eingeholt wird, sind äußerst vielfältig.
Umso entscheidender ist es, sich bei dieser Arbeit kontinuierlich bewusst zu sein, dass sie mit weitreichenden Konsequenzen für das Leben der Beteiligten verbunden sind. Entsprechend hoch sind die Maßstäbe, die an die methodischen und diagnostischen Qualitätsstandards unserer Gutachten gestellt werden.

Konzentration aufs Kindeswohl

Für psychologische Sachverständige sollte als leitende Maxime gelten, sich auf die Bedürfnisse der zu untersuchenden Kinder zu konzentrieren, auch wenn diese von den Interessen der Eltern abweichen. Handlungsleitend sind weiter (berufs-)ethische Normen, wie die Würde und Grundrechte der Verfahrensbeteiligten sowie deren Persönlichkeitsrechte zu respektieren und natürlich den Datenschutz zu achten.

Vertraulichkeit garantiert

Psychologische Sachverständige unterliegen einer strengen Schweigepflicht gegenüber Dritten. Verstöße gegen diese Schweigepflicht können strafrechtlich geahndet werden. Gegenüber den beauftragenden Gerichten haben Sachverständige dagegen eine Übermittlungspflicht.

Wenn im Rahmen einer Begutachtung Gespräche mit Dritten notwendig sind, ist eine schriftliche Entbindung von der Schweigepflicht durch die Proband:innen notwendig. Nach den Vorgaben der DSGVO sollten auch diese Drittpersonen auf die Freiwilligkeit ihrer Angaben, die Zweckgebundenheit und Weitergabe der Daten (einschließlich des Namens) an das Gericht hingewiesen, sowie ihr Einverständnis damit dokumentiert werden.

WIE UNSERE SACHVERSTÄNDIGEN VORGEHEN

Oberste Prinzipien der
Gutachtenerstellung sind

  • Neutralität

  • Objektivität

  • Unparteilichkeit

  • Unbestechlichkeit

der Sachverständigen.

Die Erstellung eines Gutachtens ist eine wissenschaftliche Leistung, die den Gütekriterien von

VALIDITÄT
RELIABILITÄT
OBJEKTIVITÄT
REPLIZIERBARKEIT

entsprechen muss.

Es handelt sich bei jedem Gutachten um eine sorgfältig geplante Einzelfalluntersuchung, die einerseits den o.g. fachlichen Standards genügen muss, andererseits auch den Besonderheiten der involvierten Individuen.

WISSENSCHAFT ALS BASIS

Die wissenschaftlich fundierte Sachverständigentätigkeit beinhaltet auch die Transparenz und Nachvollziehbarkeit der Untersuchungen. Die Auswahl der eingesetzten diagnostischen Verfahren orientiert sich an der spezifischen Fallkonstellation und dem aktuellen Kenntnisstand der Forschung. Die Diagnostik bedient sich dabei einer multimodalen Basis voneinander unabhängiger Datenquellen. Weitere, über die gerichtliche Fragestellung hinausgehende Befunde dürfen nicht erhoben werden, da dadurch unter Umständen die Persönlichkeitsrechte der Verfahrensbeteiligten verletzt werden.

KONZENTRATION AUF DIE FRAGESTELLUNG

Im Beweisbeschluss des Gerichts wird die „streitige Tatsache“ benannt, die mithilfe des Sachverständigen zu klären ist, wobei durch das Gericht vorgegeben wird, ob auch das Einwirken auf das Herstellen eines Einvernehmens zwischen den Beteiligten gewünscht wird.

Was genau Sachverständige untersuchen, hängt demnach von der Fragestellung des Auftraggebers ab. Die gerichtliche Fragestellung ist wegweisend für das diagnostische Vorgehen der Sachverständigen und begrenzt die Datenerhebung.

Nehmen Sachverständige zu weiteren, nicht in der Beauftragung genannten Themen Stellung, setzen sie sich unter Umständen dem Vorwurf der Befangenheit aus. Eine anerkannte Ausnahme hierzu ist die Feststellung einer (akuten) Kindeswohlgefährdung, die sich im Verlauf einer Untersuchung herausstellt und die mitzuteilen ethische und rechtliche Pflicht der Sachverständigen ist.

SENSIBLE DATEN RUNDUM GESCHÜTZT

Ton- und Videoaufzeichnungen der Termine erfolgen durch den Sachverständigen, die entsprechenden Datenträger müssen auf Nachfrage dem Gericht zur Verfügung gestellt werden. Die Aufzeichnungen dürfen nur mit dem Einverständnis der Beteiligten erfolgen. Unautorisierte Aufzeichnungen (auch wenn diese vom Probanden vorgenommen werden) stellen eine Straftat dar.

Die im Rahmen psychologischer Begutachtung erhobenen Daten gelten als schutzbedürftig und müssen entsprechend sicher vor Einblick von außen verwahrt werden.

Psychologische Sachverständige beschäftigen sich somit zunächst mit einer prognosebezogenen Statusdiagnostik. Aufgrund der Ergebnisse der Begutachtung kommt dann das Gericht zu einer juristischen Beurteilung.

Quelle: Castellanos, H. A. (2021). Psychologische Sachverständigengutachten im Familienrecht: Grundlagen | Beurteilungskriterien | Qualitätsstandards. Nomos.

Woran Sie ein qualitativ hochwertiges Gutachten erkennen

Die Qualität eines Sachverständigengutachtens ist Ergebnis einer sorgfältigen Datenerhebung anhand mehrerer Datenquellen und einer Gewichtung der erhobenen Daten anhand wissenschaftlicher Grundlagen. Als weitere Qualitätskriterien sind die Fachkompetenz der Gutachterin / des Gutachters, die Nachvollziehbarkeit der Schlussfolgerungen und die daraus resultierende Überzeugungskraft des Gutachtens zu nennen. Ein qualitativ hochwertiges Gutachten wird seine Empfehlungen auf möglichst viele unterschiedliche Datenquellen stützen und unter Berücksichtigung des Stands der psychologischen Forschung für die Untersuchten in transparenter und nachvollziehbarer Weise darstellen.

Höchste Qualität in Erhebung und Darstellung

Die Qualität eines Gutachtens, gleichgültig in welcher Form erstattet, wird durch zwei Faktoren bestimmt.

Einerseits durch die Qualität des gutachterlichen Handelns und Schlussfolgerns, d.h. der Datenerhebung und der Bewertung der erhobenen Daten.

Andererseits durch die Qualität der (schriftlichen und mündlichen) Darstellung der Gutachterergebnisse.

Der Umfang des Berichts sollte angemessen sein, kürzeren Berichtsformen sollte der Vorzug gegeben werden. Diese sollten in jedem Fall in wertschätzender Weise abgehalten sein.

Stolpersteine im Begutachtungsprozess

Es gibt einige negative Effekte, denen man im Rahmen des Begutachtungsprozesses unterliegen kann. Im Zuge der Reflexion und somit protektiven Auseinandersetzung sind die 6 wichtigsten Urteilstendenzen aufgezeigt:

  • Der HALO-Effekt
    Durch eine alles überscheinende Präsenz einer Eigenschaft werden andere ähnlich bewertete Eigenschaften antizipiert (wer stiehlt, der lügt; wer schön ist, ist auch kompetent).

  • Positionseffekt oder Primacy-Recency-Effekt
    Der erste und der letzte Eindruck kann die Urteilsrichtung steuern.

  • Milde- und Strengeeffekt
    Mildetendenz meint, dass gute Eigenschaften hoch und schlechte Eigenschaften niedrig bewertet werden. Strengetendenzen dazu analog.

  • Kontrast- und Ähnlichkeitsfehler
    Beim Kontrastfehler „entdeckt“ der Gutachter im Beteiligten oder Familienmitglied jene Eigenschaften, die er selbst nicht hat. Der Ähnlichkeitsfehler stellt das Erkennen vertrauter Eigenschaften dar.

  • Eigene Erwartungen können das Urteil in Form eigener Hypothesen leiten (im Sinne einer sich-selbst-erfüllenden-Prophezeiung). Dieses Verhalten ist der Neigung zum Stereotypisieren ähnlich.
  • Versuchsleiter-Effekt
    Die Anwesenheit einer/eines Sachverständigen in einem Begutachtungssetting kann bei den Beteiligten stressbedingte Verzerrungen hervorrufen.

Alle diese Urteilstendenzen können direkte Auswirkungen auf die Interpretation vorliegender Daten, auf die Richtung der generierten oder zu generierenden Hypothesen sowie der Beantwortung der Fragestellung(en) haben.

Wir sind uns dieser Stolpersteine bewusst. Die hohe Qualität unserer Begutachtungs-Prozesse hilft uns, sie erfolgreich zu umgehen.

Es lässt sich also zusammenfassen, dass wir in unserer Arbeit auf Fehler und Verzerrungen durch nicht hinterfragte Stereotype, implizite und durch die persönlichen Erfahrungen der Sachverständigen geprägte, jedoch nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Theorien und Urteilsheuristika, durch ungerechtfertigte Kausalannahmen oder eingeschränkte Differenziertheit der Sachverständigen, in der Untersuchung stoßen.

Umfassende Diagnose

Qualität und Verwertbarkeit eines Sachverständigengutachtens müssen sich auch daran messen, ob das betroffene Kind in seiner Individualität, seinen spezifischen Bedürfnissen und hinsichtlich des Schutzes seines Wohlergehens ausreichend beachtet wurde. Weiter wird zu beurteilen sein, ob das familiäre Bezugsystem mit seinen Einschränkungen und Möglichkeiten umfassend diagnostiziert wurde.

Quelle: Castellanos, H. A. (2021). Psychologische Sachverständigengutachten im Familienrecht:
Grundlagen | Beurteilungskriterien | Qualitätsstandards. Nomos.

WAS EIN PSYCHOLOGISCHES GUTACHTEN GENAU IST

Ein psychologisches Gutachten ist eine wissenschaftliche Leistung einer/eines qualifizierten psychologischen Sachverständigen. Diese besteht darin, dass auf der Grundlage von wissenschaftlich anerkannten Untersuchungs- und Beurteilungsmethoden und -kriterien im Hinblick auf die Beantwortung einer vom Auftraggeber vorgegebenen Fragestellung Daten bei Proband:innen erhoben, sachverständig ausgewertet und beurteilt werden, so dass die/der Sachverständige die Frage(n) des Auftraggebers aufgrund seines psychologischen Fachwissens, der Berücksichtigung des aktuellen Forschungsstandes und seiner einschlägigen Berufserfahrung beantworten kann.

Quelle: Kühne, A., & Zuschlag, B. (2006). Richtlinien für die Erstellung psychologischer Gutachten. Dt. Psychologen-Verlag.

Freie Kapazitäten

Familiäre Rechtsangelegenheiten sind für die Beteiligten hochbrisant und bedürfen einer zeitnahen Klärung. Wir nehmen daher innerhalb weniger Tage die Arbeit auf und beantworten Ihre Fragen in angemessener Zeit 1.

Informationen zum Schutz Ihrer Daten finden Sie hier.

1 Bearbeitungszeit Gutachten: ab Eingang der Akte – abhängig von der Komplexität der Fragestellung(en);
Bearbeitungszeit Stellungnahme: ab Eingang der ausgefüllten Fragebögen;
Bearbeitungszeit Bericht: ab Eingang der ausgefüllten Fragebögen